Viele Sprüche werden geklopft, wenn ich mich so umhöre. Finde ich gut, ich bin nämlich auch ein leidenschaftlicher Hobbyklopfer. Ich liebe Sprüche. Außer manche. Na gut, außer die meisten. Vor allem die, bei denen ich mich frage: meint der das ernst? Oder ist das bloß Getue?

Zum Beispiel höre ich von anderen Läufern häufig, das Training tue ihnen ja sooooo gut. Da könne man mal so richtig den Kopf frei bekommen. Und nach einem feinen Ründchen um fünf Uhr morgens, da sei man doch so richtig erfrischt und munter und könne voller Energie in den Tag starten. Dieses Runner’s High, das sei besser als jede Droge und man freue sich auf jede einzelne Laufeinheit. Außerdem, als Läufer werde man auch nie wieder krank und psychische Störungen seien im nu geheilt. Was für ein Tausendsassa, dieser Sport.

Hm, tja. Ich fühle mich ein bisschen betrogen. Ich werde genauso häufig krank wie schon immer. Der Depression kann ich nicht davonlaufen, auch einen Runner’s High hatte ich noch nie – den halte ich sowieso für einen Marketing-Gag der Laufsachengedönsherstellerindustrie. Und NIEMALS wird es mir passieren, dass ich mich noch vor Sonnenaufgang gestiefelt und gespornt auf den Weg mache, um mit meinen Hightech-Schuhen Mikroplastik auf dem Asphalt zu verteilen, denn ich muss nicht jeden Scheiß ausprobieren um zu wissen, dass ich es hasse: vor zehn Uhr morgens bin ich nun mal nicht wach. Selbst dann nicht, wenn ich bereits Stunden vorher aufgestanden bin.

Eines Tages mag mir vielleicht mal jemand erklären, was es bedeutet, wenn der Kopf frei ist. Frei wofür? Oder bleibt der leer? Ist das empfehlens- und erstrebenswert? Weil, ich kenne Leute mit leerem Kopf und das ist in der Regel ein Problem, wenn auch nicht zwingend für die Betroffenen selbst. Ist das verkehrsrechtlich überhaupt erlaubt, so ganz ohne Kopfinhalt durch die Gefilde zu wetzen?

Mein Kopf jedenfalls ist immer besetzt. Auch beim Laufen denkt es darin wie nichts Gutes. Das ist wie ein Radiosender, manchmal ist das Programm ganz gut und man hört gerne hin, manchmal langweilt man sich zu Tode und manchmal ist man total abgenervt und dann ist der Regler kaputt. So viel also mal dazu. Kein freier Kopf.

Häufig tue ich mir zudem sehr, sehr leid beim Laufen und dann liegen sich mein Körper und ich in den Armen, wir weinen gemeinsam ein bisschen und fragen uns, warum wir den Scheiß eigentlich machen, so ganz ohne Not. Hinterher bin ich fast immer relativ kaputt. Jaaaa, sagen dann andere Läufer, da warste eben zu schnell unterwegs! Deswegen ist das.

Aber deswegen ist das nicht. Es ist, weil ich mich so lange mit so viel Nachdruck und Erfolg in meine Unfitness trainiert habe, dass auch noch die kleinste Form der Anstrengung von Körper und Geist mit großem Gejaule quittiert wird. Also falle ich üblicherweise nach meiner Laufrunde erstmal auf die Couch.

Also warum dann die ganze Quälerei?

Ich sag’s dir: Weil’s geil ist. Wirklich. Und es tut soooooo gut!

(Ätsch.)